Katastrophenschutzübung im Bahnhof

Euskirchen. Chaos auf den Gleisen des Euskirchener Güterbahnhofs. Offensichtlich ist ein Holztransporter von einem durchfahrenden Personenzug gerammt worden. Viele Zuginsassen sind verletzt worden, der Transporter-Fahrer ist aus dem Führerhaus seines Schleppers katapultiert worden und liegt blutend auf der Schere seines Anhängers.

Dazu laute Hilfeschreie überall, Stöhnen, Rufe von Kindern nach ihren Eltern. Sich unter Schmerzen windende Patienten blicken sich hilfesuchend um: Selbst im Wissen, dass es sich bei dem Unfall am Euskirchener Güterbahnhof am Samstag um eine Katastrophenschutzübung des Kreises Euskirchen handelte, lief vielen Beobachtern beim Anblick der 50 Verletztendarsteller ein Schauer über den Rücken.

Laut geplantem Szenario hatte ein Zug den mit Baumstämmen beladenen Traktoranhänger gerammt. Ein Unfall, der nicht nur im Inneren der Waggons, sondern auch außerhalb zahlreiche teils lebensgefährliche Verletzungen bei 50 Menschen nach sich zog. Einige von ihnen waren unter Holzstämmen verschüttet worden.

Erschreckend realistisch

Den Rettungskräften, die zuerst am Unfallort eintrafen, bot sich ein erschreckend realistisches Bild. Denn die Darsteller waren vor Übungsbeginn mehrere Stunden lang mit Schminke und kleineren Hilfsmitteln für ihren Auftritt präpariert worden. Von einer kleinen Schürfwunde, bis hin zu einem aus dem Bauch herausragenden Glas- oder Metallsplitter hatten die Verantwortlichen ganze Arbeit geleistet.

„Bei einem Unfall dieser Größenordnung finden sich die ersten Hilfskräfte in einer Chaossituation wieder“, erklärte Stephan Schmitz, der Kreisbereitschaftsleiter des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen: „Zu Beginn einer solchen Einsatzlage stehen zu wenig Mittel für zu viele Patienten zur Verfügung und die Helfer vor Ort müssen mit wenig Ressourcen möglichst viel erreichen.“

Dazu werde zunächst die Schwere der Verletzungen kategorisiert, um zu gewährleisten, dass zuerst jene Hilfe erhalten, die sie am dringendsten brauchen. Selbst die Koordinierung der Fahrzeuge und des für Behandlungen zur Verfügung stehenden Platzes könne über den Erfolg des Einsatzes entscheiden, so Rotkreuz-Einsatzleiter Stephan Schmitz.

Ernstfallvorbereitung und Prüfung

Insgesamt 250 Rettungskräfte der Feuerwehren aus Euskirchen, Bad Münstereifel und der IuK-Einheit des Kreises Euskirchen, des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen, des Technischen Hilfswerks (THW) und des Malteser-Hilfsdienstes (MHD) waren an der Übung am Samstag beteiligt. „Für einige von ihnen stellt dies nicht nur eine Vorbereitung für den Ernstfall, sondern auch eine Abschlussprüfung für ihre Lehrgänge dar“, erläuterte Stephan Schmitz den Reportern vor Ort.

„Die Tatsache, dass das Szenario nur gestellt ist, rückt daher schnell in den Hintergrund und jeder konzentriert sich auf seine Arbeit“, berichtete der Kreisbereitschaftsleiter des Roten Kreuzes. Und davon gab es am Güterbahnhof mehr als ausreichend. Vor der Versorgung der „Patienten“ mussten diese nämlich zunächst aus dem Zug geholt werden, dessen Türelektronik ausgefallen war.

Zudem stellten nicht nur die schwer verwundeten, sondern auch die unverletzten Zuginsassen eine große Herausforderung dar. Diese gaben nämlich immer wieder lautstark zum Ausdruck, dass sie mit der Vorgehensweise der Einsatzkräfte nicht einverstanden seien und ihnen die Rettung nicht schnell genug ginge.

So sahen sich die Retter realitätsnah mit Vorwürfen und Beschimpfungen konfrontiert. „Da liegen Leute“ brüllten die einen, „Das ist Freiheitsberaubung“ andere. Teilweise versuchten die Leute sogar, selbst in den Rettungseinsatz einzugreifen und behinderten die echten Helfer.

„Menschen unter Schock“

„Die Menschen stehen nach so einem Unfall unter Schock und fühlen sich völlig im Recht, wenn sie rumbrüllen. Dabei merken sie leider nicht, dass sie mit ihrem Versuch zu helfen, den Rettungseinsatz gefährden“, erklärte der Mechernicher Rotkreuz-Bereitschaftsleiter Sascha Suijkerland, der bereits seit sieben Jahren an den zwei Mal jährlich stattfindenden Übungen als Verletztendarsteller teilnimmt.

Den Nutzen solcher Großübungen für alle Beteiligten konnte Martin Meyer von der Hauptamtlichen Wache der Feuerwehr Euskirchen bestätigen: „Es hilft sehr, sich an Tagen wie heute stressfrei, aber dennoch realistisch mit den Abläufen eines derartigen Unfalls auseinanderzusetzen.“ Er selbst erinnere sich noch sehr genau an ein schweres Busunglück vor einigen Jahren, bei dem er sich in einer ähnlichen Situation wiederfand: „Natürlich ist jeder Einsatz anders, aber die Übung kommt dem schon sehr nahe und sorgt dafür, sich die Grundlagen für Notsituationen einzuprägen.“

(Fotos: Ingo Schmitz, Malteser Hilfsdienst e.V., Bildungszentrum Euregio, Text: Cedric Arndt/pp/Agentur ProfiPress)

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